Alles ist letztlich Kalkül.

Auch unsere persönlichen emotionalen Belange.

 

Unser System wird abwägen, ob es lohnt, ein sehr schmerzvolles Thema anzugehen.

Gehe ich es an oder spiele ich weiter auf halten? 

Ist es noch drin, weiter zu verdrängen? 

Gibt es eine Ablenkung, die den Schmerz wieder lindert? Ist er aushaltbar?

 

Wenn es auch nur eine geringe Aussicht auf Verschieben gibt, wählen wir genau das. 

 

Wir gehen so richtig unangenehmes erst dann an, wenn es gar nicht mehr anders geht. Das kennen die meisten von uns. Bevor wir ein Fass aufmachen, halten wir tausendmal lieber aus und durch.

Geht doch.
Ist doch halb so wild.
Andere Leute haben ganz andere Probleme.
Das ist doch noch gut erträglich.
Ich denke nicht mehr darüber nach.
Ich lenke mich einfach weiter ab.
Ich suche mir eine neue Partnerschaft, einen anderen Job,
Mache eine Diät, werfe mich in ein extrem schwieriges Projekt.

Innere Arbeit, Schattenarbeit, Therapie, Coaching, sich begleiten lassen, wie auch immer man das für sich benennen mag, sind die aller-allerletzten Optionen. 

Gerne dann, wenn man mehrfach komplett zusammengeklappt ist, nicht mehr arbeits- und funktionsfähig ist und in einer Akutklinik aufgenommen werden muss. 

Selbst wenn immer mehr Somatisierung hinzukommt, suchtartige Flucht in Ablenkung bis hin zu schwerer Abhängigkeit – alles ist uns lieber, als die wahren Gründe für diese schmerzhaften Zustände ans Licht und nach oben zu lassen.

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Die Wurzeln sind meist alt und bestehen aus Schwierigkeiten auf Beziehungsebene. Ob in der Familie, im Beruf oder in der Liebe.

Die Phänomene an der Oberfläche sind dann immer wiederkehrende oder nicht zu lösende Probleme in der Partnerschaft und im Job, Burnout, auf gesundheitlicher Ebene etc.

 

Zugleich meint man zu spüren, dass etwas in uns ganz tief unten und leise sehr wohl und ganz genau weiß, was der darunter verborgene und bestens geschützte Grund für all die auftretenden Schwierigkeiten ist.
Das nehmen wir dann wahr, wenn es total still wird – was wir kaum aushalten: Keine Ablenkung. Nichts. Für viele ein echtes Problem, die werden ganz rappelig, fangen an, herumzutigern, werden ungeduldig, genervt. 

Das ist so, weil sie dann mit sich in Kontakt kommen, genauer gesagt, all dem nicht angeguckten in sich.

Da wollen wir aber um keinen Preis dran. 

Es würde uns und unser gesamtes Lebenskonstrukt vernichten, so die unbewusste Theorie – denn dieses Konstrukt haben wir ja drum herum gebaut, um es nie wieder angucken oder berühren zu müssen. 

Es tat schrecklich weh und es wird wieder weh tun, etwas in uns hat sich das geschworen.

 

 

Das total verrückte daran ist, dass es viel weniger schlimm wäre, innerlich aufzuräumen und die alten Themen anzugehen.

Das weiß jede:r, die:der das hinter sich hat.

 

Übrig bleibt dann ein tiefes Bedauern um all die verlorenen Jahre des ungeheuer anstrengenden Kampfes gegen das innere Zeug.
Denn:
Das nach untern gedrückt zu halten ist ein extremer Energieaufwand. Ein Großteil der Lebensenergie geht dafür drauf.

Das weiß man aber erst wenn man das nicht mehr machen muss, weil das ganze Zeug prozessiert und ins System integriert worden ist – nichts anderes macht dei innere Arbeit nämlich.

Sie macht nicht weg, sondern Ordnung.

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Ich nehme mal das Bild mit der Herdplatte:

 

Als Kind hast du dich an der heißen Platte schlimm verbrannt.

 

Du wirst nie wieder einen Herd anfassen, die Erfahrung war zu schmerzhaft.

 

Dass die Platte seit Jahrzenhten bereits kalt ist, wirst du also nie erfahren können, weil du dich weigerst.

 

Wenn du kochen willst, musst du den Herd aber wieder anfassen.

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Ist genau so mit den alten Erinnerungen, die nie vergessen sind – nur verscharrt. Sie gären vor sich hin und warten.

Und sie kommen hoch, wenn deine Widerstandskraft zu gering geworden ist. Und sei es auf den letzten Lebensmetern.